Xin Chao! - Vietnam im Schnelldurchlauf

Am nächsten Morgen wurden wir von einem Minivan abgeholt, der uns über die Grenze ins vietnamesische Pleiku bringen sollte. Wir freuten uns, dass wir die einzigen Fahrgäste waren, merkten aber relativ schnell, dass für mehr Leute überhaupt kein Platz gewesen wäre. Im Fahrzeug stapelten sich nämlich bis oben hin volle Bierpaletten, Eier, Fleisch und andere Waren. Auch die aufgerissenen Sitze oder die Knoblauchzehen am Armaturenbrett trugen nicht so wirklich zu unserem Komfort bei, aber was machte das schon, hier in Asien.
schicke Ledersitze 
Knoblauch - hält nicht nur Vampire fern sondern auch mich
Die Fahrt an sich war eigentlich nicht sonderlich weit, zog sich aber enorm in die Länge, da wir ständig stoppten, ewig warteten und Lebensmittel aus- beziehungsweise einluden. Irgendwann schafften wir es dann aber doch zum kambodschanischen Grenzhäuschen, in welchem ein Beamter müde die Ausreisestempel in unsere Pässe drückte. Wir überquerten die Landesgrenze zu Fuß, stiegen fünf Meter weiter zurück ins Auto, fuhren eine Minute und wurden dann vor einem fetten Betonklotz abgesetzt. Der Betonklotz war die Grenzstation der Vietnamesen und untermauerte Vietnams Machtposition und Reichtum zu Kambodscha, welches das ärmste Land in Südostasien ist.
Das Gebäude war viel zu groß für seine Zwecke und wir fühlten uns ein wenig verloren in der riesigen Halle. Der Mann hinter einer Glasscheibe prüfte die Ausweise und ließ uns wortlos ins Land einreisen, indem er uns ein 14-tägiges Visum ausstellte. Ich lächelte ihm zu und er nickte, ohne eine Miene zu verziehen. Eine Geste, die mir in Vietnam noch ganz oft begegnen sollte.
Der Minivan-Wechsel wenige Meter weiter klappte wie am Schnürchen: wir stiegen aus, sagten einander Tschüss und im Nu stand auch schon ein neuer Wagen vor uns, der aber um einiges neuer und leerer war als sein kambodschanisches Pendant. Nur eine Frau saß darin, die uns nach einem kurzen Halt in einem Hinterhof schweigend Bananen schenkte. Als ich sie kostete, gewann Vietnam (und die nette Frau) mein Herz. Du lieber Himmel, waren die gut! 
Auf dem Weg nach Pleiku sammelten wir jede Menge weitere Passagiere ein und unsere Bewegungsfreiheit schwand zunehmend. Auf eine Dreier-Sitzbank quetschten wir uns mittlerweile zu fünft und ich entschied mich spontan für ein kleines Nickerchen, um der unbequemen Situation zu entgehen. Ich wachte erst wieder auf, als wir den Van fast wieder für uns hatten (mittlerweile bin ich nämlich der Mittagsschlaf-Profi). Aufmerksam beobachtete ich nun die Straßen Vietnams. Mir viel sofort der "Wohlstand" auf. Überall Häuser aus Stein, Viele riegelten ihre Grundstücke mit fetten Schlössern an den Toren ab. Außerdem sah ich bemerkenswert viele Blumen, vor allem gelbe Chrysanthemen. 
Für alle Nicht-Blumenkenner: hier ein Bild
(ich tu jetzt einfach so, als ob ich sie vorher gekannt hätte und nicht gerade den Namen gegoogelt habe👼)
Meist standen sie in großen Blumentöpfen am Straßenrand zum Verkauf oder wurden auf Mopeds durch die Gegend transportiert. Das lag am anstehenden vietnamesischen Neujahrsfest am 28. Januar, welches den wichtigsten Feiertag des Landes darstellt. Zu dieser Zeit besuchen alle Vietnamesen ihre Familie und das ganze Volk ist quasi auf den Beinen. Seit Monaten treffen die Menschen Vorkehrungen, um das neue Mondjahr gebührend einzuleiten. Schulden werden zurück gezahlt, neue Kleider gekauft, Vorräte angelegt. Und nun, wenige Tage vor dem wichtigen Event, wird Neujahrsschmuck und allerlei Deko eingekauft. Dazu gehören zum Beispiel die Blumen, Zwergorangenbäumchen oder hübsch verpackte Geschenke für die Verwandten. 


In Pleiku sprach niemand englisch. Doch Dank des offline Übersetzers von Google konnten wir der (sich nebenbei schminkenden) Dame im Busbahnhof vermitteln, dass wir gerne nach Hue möchten. 18 Uhr sollte dann der Nachtbus abfahren, wir hatten also noch mehrere Stunden Zeit. Zunächst suchten wir einen Geldautomaten, um uns mit vietnamesischen Dong einzudecken. Eindecken ist hierbei übrigens der passende Begriff, da man mit etwa 40 Euro hier schon zum Millionär wird.
Danach machten wir uns auf die Suche nach Mittagessen und fanden eine offenstehende Küche am Straßenrand. Wir gingen hinein, fragten per Hand-zum-Mund-Geste nach Essen und setzten uns hin. Die Vietnamesin stellte uns Reis, super scharfes Gemüse und einen gulaschähnlichen Fleisch-Soßen-Mix vor die Nase. Darin befand sich alles mögliche: Knochen, Innereien, Muskelfleisch, Haut. Und natürlich auch ab und zu etwas Genießbares, was gar nicht mal so abscheulich schmeckte, wie es klingen mag (wenn man die hygienischen Umstände hier außer Acht ließ. Haare auf dem Tisch, dreckiges Geschirr ... wie es halt so ist). Manchmal geht es auf Reisen eben auch nur darum, etwas im Bauch zu haben. 
"Gestärkt" liefen wir zurück zum Hof der Busstation, wo wir die restliche Wartezeit in einem Cafe verbrachten.
... dabei leistete uns ein Hund in Größe eines Kalbs Gesellschaft.
Als Welpe war er vermutlich schon so groß wie ein ausgewachsener Schäferhund.
Ein Mitwartender und sein Hühnchen
Eine Stunde vor Abfahrt eilte die Ticket-Frau herbei, zeigte auf einen einparkenden Bus und sagte "Hue, Hue, now!!". Ein bisschen verwundert holten wir schnell die Rucksäcke, flitzten alle nochmal in Rekordzeit auf die Toilette und stellten uns schließlich abfahr-bereit an die Haltestelle. Doch von der uns vermittelten Hektik war hier plötzlich nichts mehr zu spüren. Gemächlich stiegen alle Insassen aus und das Gepäck wurde in aller Ruhe verladen. Drei Taschen rein, vier Koffer raus. Sechs Hühner raus, zwei Mopeds rein. Einen Blumentopf raus, vier Rucksäcke rein. Dann tauchten zwei Beamte auf, die den Bus genauestens untersuchten. 
Nanu? Vermutlich hatte jemand den vietnamesischen TÜV herbei gerufen, der nun für uns sechs Touristen das Fahrzeug prüfen und freigeben sollte. Als das nach einer Dreiviertelstunde erledigt war, stiegen wir vier endlich ein. 
Die Nachtbusse werden hier als Sleeper-Busse bezeichnet, sie sind mit recht bequemen Liegen auf zwei Etagen statt Sitzen ausgestattet. 
Auf jedem Platz befand sich außerdem eine weiche Kuscheldecke, ein Kopfkissen und eine Flasche Wasser. Wir machten es uns bequem und warteten weiter. Bis wir schwarz wurden. Als das dann soweit war, ging es auch schon los.
Rechts im Bild: der vietnamesische TÜV
Nachtbusse in Vietnam
Anfangs fand ich es sehr gemütlich, doch als die Fernseher herunter geklappt und angeschaltet wurden, war es vorbei mit der Ruhe. Zunächst kam die gute alte vietnamesische Schlagerparade (furchtbar), welche mit der Zeit in gehirnschädigende Techno-Musik (noch furchtbarer) überging. Und das Ganze lief ungefähr drei (Millionen) Stunden. Irgendwann wurden Bildschirme und Licht dann aber auch ausgemacht, bloß den Ton haben sie angelassen. Schlafen war also leider nicht möglich, wenn man, wie ich, unter dem Lautsprecher lag.
Je mehr wir uns unserem Ziel näherten, desto schlechter wurden die Straßen. Wir hatten schon von den starken Regenfällen der letzten Wochen gehört, die unterspülte Straßen und Erdrutsche verursacht hatten. Auch für die nächsten Tage in Hue waren starke Schauer angesagt worden, aber das hielt uns nicht ab. 
Um vier erreichten wir die Stadt. Draußen regnete es in Strömen und wir retteten uns schnell unter das Dach der Busstation. Hier saßen bereits so viele Menschen, dass wir froh waren, noch vier von den Zwergenplastikstühlen zu erwischen. Wie gesagt, ganz Vietnam war an diesen Tagen auf den Beinen. 
Uns blieb nichts anderes übrig, als dort auszuharren bis wir einchecken konnten oder wenigstens die Läden öffneten. Zum Glück gab es (laut Papa und Krissi den besten) Kaffee und super bitteren grünen Tee, der alle Lebensgeister wach hielt. Ab und zu krähte ein Hahn und die mit Löchern übersehte Kiste neben Krissi wackelte verdächtig. Irgendwo nieste ein Vietnamese:
"Ih... Wir werden wohl alle
die Vogelgrippe von dem kriegen"
(Das war zugegebenermaßen ziemlich eklig)

Was gibt es schöneres um seinen Tag zu beginnen? 
Als es schließlich um Sieben war und es immer noch stark regnete, machten wir uns auf die Suche nach einem Taxi. Nachdem uns von den überaus unfreundlichen Fahrern im Gelände des Busbahnhofs niemand mitnehmen wollte, liefen wir eine große Straße entlang. Dort stellten wir uns nach 100 Metern klitschnass unter die Schirme zweier Essensstände. Als die Verkäuferin (eine Omi) mitbekam, dass wir auf der Suche nach einem Taxi waren, warf sie sich ihren Poncho über und stiefelte los, um ein Taxi für uns anzuhalten. Das klappte auch ganz schnell und wir standen im Nu vor unserem Hotel. Leider waren wir aber immer noch viel zu früh dran, stellten deshalb nur unsere Rucksäcke ab und setzten uns in ein Cafe. Dort verbrachten wir dann die restliche Zeit bis zum heiß ersehnten Check-In. 
Leider waren unsere Hotelzimmer mehr als enttäuschend und spiegelten absolut nicht die sehr guten Bewertungen im Internet wieder. Stattdessen glichen die Räume einer Schimmelzucht, sodass ich sie selbst nach drei Monaten in Asien noch als unzumutbar empfand. Hier bleiben und an Keimen ersticken? Oder stornieren und im Regen in eine neue Unterkunft umziehen? Unschlüssig berieten wir die Situation und sahen uns im Internet nach Ausweichmöglichkeiten um. Wir entschieden für einen Umzug in ein Hotel ein paar Blocks weiter und gegen den Tod. Nachdem alles geregelt war, begaben wir uns wieder hinaus in den Regen. Im nächstbesten Laden kauften wir uns Ponchos und fielen damit zwischen den Vietnamesen gar nicht mehr auf. Ich weiß ehrlich gesagt nicht wer das Regencape erfunden hat, aber ich könnte wetten, dass es ein Vietnamese war! 
Vietnam-Survival-Kit
Triefend betraten wir wenig später das Jade Hotel. Sofort kamen zwei Mitarbeiter angerannt und reichten uns Handtücher und Willkommensgetränke. Sie gaben uns einen Moment zum Ausruhen auf der Lobbycouch und stellten uns Teller mit Früchten bereit. So einen Empfang wünscht man sich doch! Die Zimmer waren sehr schön und wir hatten zum ersten mal überhaupt wieder eine richtige, echte Dusche (sonst sind Klo und Dusche immer in einem. Man könnte sich theoretisch auf der Schüssel sitzend abduschen). Trotz des schlechten Wetters beschlossen wir dann, noch einen kleinen Spaziergang zu machen und etwas Essen zu gehen. Ich lief die Stufen zur Rezeption hinunter und sah nach draußen. Hochwasser! 
In den zwei Stunden, die wir oben auf dem Zimmer verbachten hatten, war die Straße komplett überflutet worden. Doch während man in Deutschland längst die Feuerwehr alarmiert und alles abgesperrt hätte, störte sich hier keiner daran. Also zuckten auch wir mit den Schultern und krempelten einfach die Hosen hoch.
Hier wird munter weiter gefahren - mit und ohne Flut
Hochwasser: vertrautes Bild 
In einer nicht überschwemmten Seitenstraße um die Ecke fanden wir ein empfohlenes Restaurant und bestellten zunächst Frühlingsrollen. Die waren echt gut! Leider verging mir aber der Apetit, als ich in meiner Hauptspeise zwei lange schwarze Haare entdeckte... hmmmmm.
Danach lief die müde Krissi zum Hotel zurück und wir machten noch einen kleinen Ausflug zur Brücke des Parfümflusses (warum dieser so hieß, blieb rätselhaft. Am Geruch lag es sicher nicht).
abendlicher Verkehr vor der Truong Tien Brücke 
Der nächste Tag begann, wie der andere aufgehört hatte. Nass und grau. Das tat unserer Entdeckungsfreude aber keinen Abbruch und wir mieteten uns einen Fahrer, der uns zu den umliegenden Pagoden chauffieren sollte. 
Tomb of Minh Mang
Regen, Regen, Regen...
Auf den Spuren des Kaisergrabs
Tomb of Khai Dinh


Tomb of Tu Duc

Gute Laune trotz des Wetters
Bild: Krissi
Thien Mu Pagode





Die nächste Station unserer Reise sollte das im Süden gelegene Hoi An sein, wo wir das Neujahrsfest verbringen wollten. 
Die Straße zwischen Hue und Hoi An führt über den sogenannten Wolkenpass, welcher die natürliche Grenze zwischen Nord- und Südvietnam bildet. Um von der Strecke auch wirklich etwas zu sehen, buchten wir eine Tour, die ein paar Zwischenstopps beinhaltete. Und als es am nächsten Morgen soweit war, spielte plötzlich auch das Wetter wieder mit. Im Sonnenschein genossen wir die Aussichten über wunderschöne Küstenabschnitte, Gebirgszüge und Reisfelder.


Hai-Van-Pass von oben
In Da Nang machten wir eine einstündige Pause, um uns die Marmorberge anzuschauen. Viele Treppen führten uns auf den Gipfel des Son Thuy, wo sich fünf Tempel-Höhlen und mehrere Pagoden befanden. Leider waren 60 Minuten viiiiiiieeel zu wenig für das Gelände und es reichte nur ganz knapp zum schnellen Fotos knipsen.



Trang Chon Cave
Huyen Khong Cave
Wir erreichten Hoi An am frühen Nachmittag und kehrten auf dem Weg zu unserem Homestay in einem einheimischen Lokal ein. Dort gab es die besten Frühlingsrollen weit und breit! 
Das Spring Roll 1x1:
Reis-Papier nehmen
Mit Grünzeug belegen
Frühlingsrolle drauf
Einwickeln
Und ab in die Soße damit
Leider war unsere eigentliche Unterkunft schon belegt, sodass wir im anderen Haus der Familie unterkamen. Uns wurden kostenlose Fahrräder zur Verfügung gestellt, mit denen wir zum drei Kilometer entfernten historischen Stadtkern radeln konnten. 
Am Abend fand dann die Neujahrs-Feier statt und die ganze Stadt war mit Lichtern geschmückt.

Ab in die Stadt...
Letzte Einkäufe vor den Tet-Feiertagen
👭
Überall hängen die selbst gemachten Laternen 
Lichtershow an der japanischen Brücke
Trommel-, Tanz- und Gesangsvorstellungen als Einstimmung auf das neue Jahr
(meine Meinung zur asiatischen Popmusik kennt ihr ja bereits)
Kurz nach dem Silvester-Countdown ertönte die vietnamesische Nationalhymne
Nachdem das Bühnenprogramm zu Ende war, gingen wir zurück zu unseren Fahrrädern, die wir etwas außerhalb abgestellt hatten. Überall hatten die Bewohner nun einen kleinen Altar vor ihrer Haustür aufgebaut. Daneben verbrannten sie - entweder ganz meditativ alleine oder gemeinsam mit der Familie - allerlei Dinge des nun vergangenen Jahres. In den ansonsten leeren Gassen herrschte eine ganz besondere Stimmung und wir wünschten den Leuten vor ihrem Häusern ein Frohes Neues Jahr. 


Bild: Krissi
Als wir dann mit den Fahrrädern zurück in unseren Teil der Stadt strampelten, wurde es ganz ruhig und wir sahen viel vom authentischen Vietnam. Die kleinen Straßen waren mit Lichterketten geschmückt, als wäre es Weihnachten bei uns zu Hause, vor jedem Grundstück ein geschmückter Tisch und eine brennende Feuerschale. Hier und da fröhliche Musik aus den Gärten, grüßende Vietnamesen und der südliche Duft von Räucherstäbchen. 

Der nächste Tag war der erste von drei Feiertagen und die Mehrheit der Geschäfte und Restaurants hatte geschlossen. Also unternahmen wir eine kleine Fahrradtour zum Strand.
Ein vermeintlicher Traumstrand...
... entpuppt sich als weniger traumhaft.
(Die Säcke waren zur Stabilisierung des Sandes.
 Ich hatte ja die voran gegangenen Unwetter erwähnt)
(dafür sind wir es umso mehr)
Wir landeten in einem Strandrestaurant mit Sonnenliegen. Durch den starken Wind wurde mir jedoch recht schnell kalt, sodass sich nur Papa und Krissi in die hohen Wellen stürzten.
Die Wellen sehen hier weniger gefährlich aus, als sie tatsächlich waren...
Sonnenuntergang auf dem Rückweg
Schön, schöner, Vietnam 
Als wir wieder im Stadtgebiet waren, entdeckten wir das Theater von Hoi An. In wenigen Minuten sollte dort eine kleine Wasserpuppen-Show stattfinden. Das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen:



Tags darauf mieteten wir uns Mopeds von unserem Homestay, um zu einer 50 Kilometer entfernten alten Tempelstadt zu brausen. Nach hundert Metern blieben meine Eltern auf einmal am Straßenrand stehen. 
"Was denn los?" 
"Benzin alle"
Also fuhren Krissi und Mama zurück und kauften Sprit.
Tanken
Danach ging es weiter. 
Weiter, aber nicht sehr weit. 
Einen halben Kilometer weiter blieben Mama und Papa endgültig liegen. Wir hatten keine Ahnung woran es diesmal lag, sodass Krissi und ich umdrehten. Im Homestay erklärten wir unserem Gastvater den Sachverhalt, woraufhin dieser nickte, sich auf sein Moped setzte und verschwand. Krissi hatte wirklich große Mühe hinterher zu kommen und wir erreichten ihn und meine Eltern erst ein paar Minuten später. Auch bei ihm sprang der Motorroller nicht mehr an und er tätigte einen Anruf. Ein Kerl tauchte auf, setzte sich auf das offensichtlich kaputte Moped und probierte zweimal. Als es beim dritten mal startete, schüttelte er fast unmerklich mit dem Kopf ("Bin ich hier denn nur von Idioten umgeben?") und knatterte davon. Meine Eltern bekamen das Moped des Typs und versuchten ihr Glück ein zweites Mal. So weit, so gut. Doch leider hatte dieses Fahrzeug einen ebenso leeren Tank wie das vorherige. Also erst noch einmal zur Tankstelle. Danach ging es aber wirklich los. 
...
Für ungefähr zwanzig Minuten (immerhin). Glaubt es oder nicht, dann hatten meine Eltern einen Platten. Während Krissi und Papa einen Nagel als Übeltäter ausfindig machten, versuchten Mama und ich unser Homestay zu kontaktieren. Wir fragten in einem Restaurant, ob jemand für uns anrufen könne, aber leider sprach da niemand englisch. Zum Glück war mein offline Übersetzer zur Stelle und wir bekamen ein Handy zur Verfügung gestellt. Nur wie beschreibt man am Telefon wo man sich befindet, wenn man selbst keine Ahnung hat? Gute Frage. Ich probierte die Adresse vorzulesen, aber meine vietnamesischen Aussprachekünste sind wahrlich nicht die besten. Irgendwie schafften wir es dann, die Leute im Restaurant davon zu überzeugen, die Adresse in das Telefon zu sprechen. Doch wie es nun mal so ist, war die Verbindung des Anrufs gerade so schlecht, dass auch das nicht verstanden wurde. 
Nach einigem Hin und Her fanden wir uns aber doch noch. Unsere Gastschwester entschuldigte sich ganz oft und gab uns das Moped von einem der Jungs, die mit ihr gekommen waren. Alle guten Dinge sind drei, also noch ein Rollerwechsel und nochmal Tanken. 
Wir fuhren los. Leider in die falsche Richtung, aber wir fuhren! Nach einer Stunde merkten wir dann, dass es nicht der richtige Weg war und machten Kehrt. 
Am sehr späten Nachmittag erreichten wir My Son. Der riesige Besucherparkplatz war bereits leer gefegt und wir waren, außer einer mittelgroßen Gruppe Chinesen, die einzigen Besucher.




Den Abend zurück in unserer Unterkunft verbrachten wir mit der Suche nach einer Bleibe in Dalat, unserem nächsten Ziel. Stunde für Stunde schlugen wir uns sämtliche Buchungs-Websites um die Ohren und wurden immer verzweifelter. ALLES schien ausgebucht in dieser (großen) Stadt. Zusätzlich zum Tet-Fest stand in den nächsten Tagen ein Blumenfestival an, welches sich sichtlich großer Beliebtheit erfreute. Die Busfahrkarten hatten wir uns allerdings schon besorgt (da diese um das Neujahrsfest sehr schnell vergriffen  sind), weshalb es kein zurück mehr gab. Spät in der Nacht wurden wir fündig. Mittlerweile waren all unsere Ansprüche vergessen und wir buchten sofort. 



Unser Bus fuhr erst gegen Abend und wir nutzten den Vormittag, um noch ein wenig durch die schöne Altstadt zu bummeln. Als Krissi und ich Essen gingen, erhielten wir eine Email. 
"Es tut uns Leid, aber leider sind Ihre gewählten Zimmer bei uns nicht mehr verfügbar. Wir buchen Sie deshalb um. Zwei Personen werden im 12 Betten-Schlafsaal untergebracht und die anderen beiden in einem Zelt."
EINEM WAS? 
Fassungslos schauten wir uns an. 
(Ihr müsst wissen: in Vietnam war es relativ kühl. Dalat liegt im Gebirge und dort ist es uuuungefähr gefühlt so kalt wie in Deutschland. Das Zelt bedeutete also den sicheren Tod). Aber eine andere Wahl hatten wir auch nicht. Also genossen wir unseren letzten Tag zu Lebzeiten.
In Hoi An liegt eine Schneiderei neben der nächsten, überall gibt es Stoffläden und die schönsten Kleider oder Tücher zu kaufen. Wir hatten leider keine Zeit mehr, um uns eigene Outfits schneidern zu lassen, aber die wenigen Stunden reichten aus, um sich 2 Kleider und einen Overall abändern zu lassen (mein Kleid mit Änderung kostete umgerechnet 24 Euro und ist ein kleiner Traum für eine Prinzessin wie mich👸). 
Auf einmal war es dann aber doch schon recht spät und wir mussten kräftig in die Pedale treten, um noch rechtzeitig im Homestay anzukommen. Das taten wir dann auch - sogar noch vor meinen Eltern. 
In Asien, ganz besonders in Vietnam, ist es so, dass Busabfahrtszeiten eher eine Orientierungshilfe sind. Plus/Minus eine Stunde sind also zwingend einzuplanen. Diesmal hatte unser Taxi allein schon eine zweistündige Verspätung auf dem Buckel, bevor es uns mit fünf Anderen zum Bus transportierte. Und siehe da - der Bus stand noch. Hätte mich aber auch gewundert, wenn nicht. Hier wird nicht eher los gefahren, ehe nicht jeder auf seinem Platz sitzt. 
Es war natürlich wieder ein Nachtbus, der uns da erwartete. Doch verglichen mit unserem ersten enttäuschte dieser auf ganzer Ebene. Ich hatte nun keine Kuscheldecke mehr, sondern etwas, das mich stark an einen Fensterputzlappen erinnerte (Aussehen und Geruch waren eigentlich eindeutig). Von Dreck und Siff will ich gar nicht erst anfangen. Aber wir beschwerten uns nicht, sondern waren froh, überhaupt nach Dalat zu kommen. 
Kurz vor Mitternacht hielten wir an einer unappetitlichen Raststätte. Dort stieg nach ein paar Minuten fast unbemerkt eine vierköpfige vietnamesische Familie ein und platzierte sich auf die Sitze von drei jungen Holländern. Ich sah nach draußen. Die Holländer bekamen davon noch nix mit (wie auch, wenn sie in den Pausen immer Gras rauchten) und ich freute mich ein bisschen über die kommende Situation. Es waren aber eben auch Kifferholländer, wie man sie sich vorstellte: der Eine trug einen Seidenkimono, der Andere hatte zwei verschiedene Schuhe an und der dritte war dunkelhäutig mit einem blauen Auge. Was für eine Kombi.
Als die Holländer ihre Betten dann belegt vorfanden, fragten sie die Buscrew mit großen Augen "Ja, sollen wir hier jetzt rumstehen oder wie?"
Das war der Crew offenbar herzlich egal, denn sie verließ die Sekunde darauf den Bus. Und anscheinend fanden es die Holländer dann doch nicht so schlimm, denn ich hörte und sah sie nach einer Weile nicht mehr. 
Zehn Minuten später waren auch alle anderen Insassen wieder eingetrudelt und wir warteten gemeinsam darauf, dass es weiter ging. Mittlerweile war es nämlich wie in einer Sauna, unerträglich warm und sauerstoffarm. Außerdem stank es.
Doch auch das war unseren Busfahrern wurst, da sie in aller Herrgottsruhe (MITTEN IN DER NACHT) ihr Abendessen verzehrten. Wir hatten also ausreichend Zeit sämtliche Giftstoffe aus dem Körper zu schwitzen, anschließend wieder einzuatmen und den Bus genauer unter die Lupe zu nehmen. "Ranzig" lautete unser Urteil.
Dann parkte ein Bus so nah neben uns, das wir auch diesen inspizieren konnten. "Hehe noch ranziger!" freuten wir uns.
Nach einer Stunde kam die Crew wieder an Bord, der Motor wurde gestartet. Wir konnten aufatmen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Als der Morgen anbrach, mussten wir aussteigen. Wir waren zwar noch nicht in Dalat, aber von hier aus ging es nur noch per Minivan weiter. Als dieser eintraf, stellte ich mir die Frage, ob alle der hier gestrandeten Leute mit nach Dalat wollten. Nein war die Antwort. Aber gute 85% stürzten auf das eingetroffene Fahrzeug zu. Prompt war auch schon jeder Sitz des Autos belegt und der Kofferraum voll (mit einem Fassungsvermögen von 8 Rucksäcken ist das ja auch nicht schwer). Wir vier hatten es jedenfalls geschafft. Draußen stand noch die Hälfte der Leute zuzüglich Gepäck. 
"Der Van ist VOLL" sagte draußen eine genervte Frau. 
Tja, dachte ich mir, dann bist du wohl noch nicht lange genug hier. Ein voller Minivan ist nie voll genug! Dann bekam ich drei schwere Rucksäcke in den Schoß geworfen und bestätigte mir damit meine Erkenntnis.
Wir sollten zusammen rücken, auf jede Zweierbank wurde ein dritter Passagier gezwängt. In den Gang kamen Rucksäcke, darauf noch ein paar Leute. Die genervte Frau stand immer noch draußen. 
"DER VAN IST VOLL" wiederholte sie. Dann wurde ihr ein Platz zugewiesen, ein richtiger sogar, weil ein Asiate mit ihr getauscht hatte (dieser stand später übrigens einen Großteil der Fahrt). Zwischen Papa, Krissi, unseren Rucksäcken und mich wurde auch noch ein Mann gequetscht. Ein großer, der mit den Knien an den Ohren sitzen musste.
Ein Blick nach draußen sagte mir, dass alle Menschen und ihr Zubehör verstaut waren. Wie die Sardinen in der Büchse (nur die Holländer fanden's lustig). 
Dann fuhren wir los und ich holte ein bisschen Schlaf nach. Aber nur kurz, da ich mir nicht die Aussichten auf die Berge und Täler Vietnams nehmen lassen wollte. Es sah so toll aus! Mal wieder! (Leider habe ich keine Bilder, weil ich mich nicht bewegen konnte)
Irgendwann war Pinkelpause. Der Minibus hielt an und der Fahrer sprang raus. Einen Moment lang schauten alle verdattert aus der Wäsche. Wie zur Hölle sollten wir hier raus kommen? 
Nach und nach kroch aber doch der Eine oder Andere aus dem Auto. Darunter Mama, die auf dem Beifahrersitz ohne Beifahrertür saß. Ich blieb sitzen und amüsierte mich.

Nach etlichen weiteren Kurven erreichten wir Dalat. Dort empfing uns jemand vom Busunternehmen, der allen Insassen seine Hilfe bei der Unterkunftssuche anbot. Krissi witterte unsere Chance nicht in einem Zelt erfrieren zu müssen. "HIER!" rief sie und erreichte den Kerl vor allen anderen. 
Er brachte uns zu einem Homestay, dass tatsächlich noch freie Betten anbot. Wir hatten sogar die Wahl zwischen Privatzimmer und Schlafsaal, entschieden uns aber des Preises wegen für letzteres. Dieser war weder schön noch sauber, aber wenigstens kein Zelt. 
Den Rest des Tages verbrachten wir in der Stadt, wo wir nach dem Mittagessen das Crazy House besuchten. Das ist ein von einer Designerin entworfener Gebäudekomplex, welches eine Unterkunft, ein Cafe und eine Kunstgalerie zugleich ist.




Danach verschlug es uns in den bekannten Blumenpark von Dalat. Ich weiß nicht genau was wir erwartet oder uns erhofft hatten. Aber definitiv nicht das: die Anlage kam uns vor wie die Bundesgartenschau. Statt exotischen Tropenpflanzen waren zarte Stiefmütterchen, Ringelblumen und Gerberas in den säuberlich angelegten Beeten.
Ich weiß nicht wirklich warum, aber ich glaube, ich wurde häufiger fotografiert als die hübschen Blümchen. Ständig fragten Vietnamesen jeder Altersgruppe, ob sie nicht ein Bild mit Krissi und mir machen  könnten. Das wiederum löste eine Kettenreaktion aus: andere Asiaten sahen es und fassten auch sich ein Herz (Es könnte ja die Möglichkeit bestehen, dass die blonden Mädchen da drüben berühmt sind).
Als wir am Abend in unsere Unterkunft zurück kehrten, staunten wir nicht schlecht. Wo vorher noch eine Rezeption, mehrere Schreibtische, Schränke und eine große Couch gestanden hatten, befand sich jetzt ein komplett ausgelasteter 10 Betten-Schlafraum. Selbst im Gang zwischen dem ehemaligen Eingangsraum und unserem Zimmer, lagen zwei Matratzen. 
Ich sage es ja immer wieder: "voll" ist nur relativ.

Wir engagierten uns für den nächsten Tag einen Taxifahrer, der uns zu zwei Wasserfällen in der Umgebung bringen sollte. Im Prinzip kann ich euch über den Tag auch nicht viel sagen, außer dass die Wasserfälle schön, aber genau wie Dalat total überrannt waren. 
Elephant Waterfall
Pongour Waterfall
(Ja ich weiß, hier sind keine Touristen zu sehen, aber entweder war hier ein Profifotograf am Werk oder das Bild wurde manipuliert.
Sucht euch was aus.)
Unser Fahrer wollte auch mal auf's Bild
Nachdem wir am letzten Wasserfall ein Dutzend der leckersten Bananenfritter Vietnams verdrückt hatten, ging es in eine neue Unterkunft 20 Kilometer südlich von Dalat.
Leider habe ich aber von unserem neuen Hotel kein Foto gemacht,  doch damit ihr gleich wisst,  womit wir es zu tun hatten, hier ein Googlebild. 
New Gold Hotel - der Name war Programm
(man beachte die integrierte Karaokebar)
Innen war es mindestens so seltsam wie von außen: an Hochglanz und Kitsch nicht zu übertreffen. In der Lounge saßen fette, rauchende Vietnamesen in Anzügen. 
"Das ist bestimmt die Mafia. Und das hier ist ihr Mafiahotel." stellte Mama fest. 
Sie lag wahrscheinlich richtig. 
Aber dafür hatten wir immerhin ein richtig gutes Vierbettzimmer. Dort stand ein Körbchen mit vielen Snacks bereit, wir nahmen einfach an, dass diese kostenlos waren und aßen alles auf. 
Ärgerlich war eigentlich nur, dass sich das Hotel mitten im nirgendwo (= Dorf, was das Gebäude noch seltsamer machte) befand, niemand englisch sprach und meine Eltern noch ein Busticket nach Ho Chi Minh City benötigten. Wir kamen um ein Taxi also nicht herum. 
Der ländliche Ticketschalter hatte Parallelen mit einem klassischen asiatischen Markt: der Lauteste gewinnt. Unser Taxifahrer half uns netterweise, drängelte sich ganz nach vorne und hielt einer Mitarbeiterin den Zettel mit unserem Anliegen genau unter die Nase. Zunächst sagte die Gute, dass es im Bus morgen keine freien Plätze mehr gäbe. Als wir aber darauf bestanden, die Notwendigkeit betonten und unser Taxifahrer noch ein bisschen energischer mit dem Zettel wedelte, lenkte sie ein. Es ging plötzlich doch. 
Anschließend fragten wir den Fahrer, ob er ein Restaurant für das Abendessen kenne und er fuhr uns hin. Das Lokal war sehr gut besucht und wir wurden zunächst wegen angeblichen Platzmangels (Platzmangel? Hier? In Vietnam?) abgewiesen. Der Kellner merkte jedoch, dass wir uns nicht so leicht abspeisen lassen und zauberte einen Tisch herbei. Diese schlitzohrigen Vietnamesen!
Bei dem geübten Blick in die Karte stellten wir fest: hier ist alles auf die vietnamesisch. Mithilfe des Offline-Übersetzers errieten wir auch nur ungefähr, was wir da gerade bestellten. 
Papa bestellt mysteriöse "Schuppen" vom Grill, ohne zu wissen was es sein könnte
Wir bestellten drei Bier und bekamen eine ganze Kiste
Unser Nachbartisch
Ein Mopedfahrer parkte vor dem Lokal. Auf seinem Fahrzeug hatte er eine riesengroße Lautsprecherbox geladen, die er plötzlich anschaltete und anfing mit Mikrofon zu singen. Es klang nach einer schrecklich schnulzigen Ballade und der Mopedtyp/Sänger lief durch die Tische. Was er dann tat, verdutzte uns nur noch mehr. Er verkaufte Kaugummi an die Restaurantgäste! Jetzt wunderte mich gar nichts mehr.

An unserem letzten gemeinsamen Morgen gingen wir in ein Lokal,  das mich  ein bisschen an eine Kantine erinnerte und war ziemlich voll war. Einer der Chefs entdeckte uns hilflos am Eingang stehen, winkte uns zu sich und schob uns an einen Tisch. Eine junge Kellnerin stellte uns sofort Brötchen und kleine Joghurtgläschen dazu, woraufhin wir Pho bestellten. Pho ist eine Reisnudelsuppe mit Rindfleischscheiben und sozusagen das vietnamesische Nationalgericht (sowie das einzige hier zur Auswahl). 
süße Sesambrötchen (so lecker)
Pho zum Frühstück/Mittag/Abendessen
Brötchen und Joghurt waren göttlich, Suppe zum Frühstück nicht so mein Fall. 
Danach stand die Verabschiedung an und Mama und Papa fuhren nach Ho Chi Minh City. Es war ein bisschen komisch für Krissi und mich nach fünf Wochen wieder alleine zu sein, aber das sollte gar nicht lange so bleiben ;-)
Krissi und ich wollten am nächsten Tag nach Mui Ne fahren und hatten dem Busunternehmen Bescheid gesagt, dass wir von unserem Hotel abgeholt werden wollen, da dieses a) auf der Strecke lag und b) die persönliche Busabholung in Vietnam Gang und Gäbe ist. Um sicher zu gehen, sagten wir nochmal an der Rezeption Bescheid, die für uns anrief und nachfragte, ob alles glatt ginge. Ja, meinte sie, in 5 Minuten würde der Bus kommen. 
Wir warteten fünf Minuten. 
Dann Zehn. Fünfzehn. Zwanzig. Dreißig. Fünfundvierzig.
Als er endlich auftauchte, sah von außen schon verdammt voll aus. Mein Verdacht bestätigte sich, als ich Krissi in den Bus folgte. Alles belegt. Der Busfahrer drängte sich an uns vorbei und scheuchte die letzte Sitzreihe auseinander. Er zeigte mit einer Handbewegung auf die frei gewordene Lücke. Unglücklich lächelnd setzte sich Krissi hin, während ich noch immer stand. Aus einer Nische zog der Vietnamese einen Klappstuhl und stellte ihn in den Gang. Das war wohl mein Platz (auch ein voller Bus ist nie voll genug!)
Ich merkte ein Tippen auf der Schulter und drehte mich um. 
"Das ist doch nur der Transfer oder?" fragte Krissi.
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich halt das keine fünf Minuten mehr aus. Wie lange fahren wir noch mal?"
"Vier Stunden."

Trotz allem versuchte ich die traumhafte Gebirgslandschaft draußen zu genießen, aber die Chinesen links und rechts neben mir machten mir einen Strich durch die Rechnung. Beide schliefen und schwangen bei jeder Kurve von Seite zu Seite. In der Linkskurve bekam ich also beinahe von rechts eine Kopfnuss und in der Rechtskurve eine von links. Das Ausweichen gelang mir eigentlich recht gut, aber als mir Krissis Ukulele aus dem Stauraum über uns mit voller Wucht in den Nacken krachte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als einen richtigen Sitz.

Etwas lädiert erreichten wir Mui Ne und hatten natürlich nicht die geringste Ahnung, wo unsere Unterkunft lag. Nach etwas fehlerhaften Zeit- und Entfernungsangaben (in dieser Reihenfolge: 3 Kilometer, Zehn Minuten, 500 Meter, 1 Kilometer, 100 Meter, Fünf Minuten) erreichten wir das Mui Ne Hills Hotel, welches sich, dem Namen entsprechend, auf einem Hügel befand. Nach einer Dreiviertelstunde Fußmarsch bei schwülen 30 Grad, den Rucksäcken auf dem Rücken und nun noch einem Berg kamen wir schweißgebadet an der Rezeption an. Den Rest das Tages wollten wir also nicht viel mehr tun als am Hotelpool zu liegen und taten genau das.
Wir waren nach Mui Ne gekommen, um uns die Sanddünen anzusehen und buchten über unser Hotel eine Sonnenaufgangs-Tour für 2,50€ (!!!!). Dafür wurden wir um vier Uhr früh von einem Van abgeholt zu den Dünen gefahren. Unsere kleine Gruppe war sogar die erste, die im Dunkeln den hellen Sand empor stapfte. Mit der Sonne kamen leider auch die Mücken und Touristen, wobei ich nicht entscheiden konnte, was ich nerviger empfand. Die Moskitos versuchten uns zu vernaschen, aber die vielen Leute stellten sich vor meine Kameralinse oder bretterten auf Quads in ohrenbetäubendem Lärm durch die Landschaft.  
White Dunes mit Reifenspuren

Leider hatten wir hier nur eine Stunde Zeit, wovon wir größtenteils auf den Sonnenaufgang gewartet haben. Als es dann soweit war und das Licht am schönsten aussah, mussten wir los. 
Nächster Halt: die roten Sanddünen!
Auch hier hatten sich mittlerweile hunderte von Leuten versammelt, um ein paar schöne Bilder in der Morgensonne zu knipsen. So eben auch wir. 


(wie es eigentlich aussah)
Als nächstes war ein kleines Fischerdorf an der Reihe, welches zu den meistfotografierten Motiven in Mui Ne zählt. Besonders der Hafen, in dem hunderte kleine Boote lagen und die gefangene Beute aus dem Meer sortiert wurde, war interessant. Oktopusse, Hummer, Krebse, Schnecken, Aale, Fische jeder Größe. Nichts, dass es nicht gab. 



Mittlerweile war es schon taghell und wir steuerten den letzten Punkt der Tour an. Der sogenannte Fairy Stream, was übersetzt so viel wie "Bach der Feen" bedeutet. 
Dieser zog sich durch einen kleinen, leuchtend roten Canyon. Es war wunderschön durch das knöchelhohe, klare Wasser zu laufen, da der Boden aus weichem Sand bestand. Wer bis zum Ende lief, erreichte nach zwanzig Minuten einen absolut unspektakulären Wasserfall, hatte die Landschaft aber fast für sich, da sich kaum ein Chinese bis ganz hinter verirrte.




Unsere letzten Tage in Vietnam waren angebrochen und wir nahmen Tags darauf den Bus nach Ho Chi Minh City. Auf der fünfstündigen Fahrt suchte ich ein Guesthouse heraus und wir hatten Glück, dass unser Bus in unmittelbarer Nähe davon anhielt. Trotzdem stellten wir uns ganz schön blöd an und irrten durch die Straßen. Hier musste es doch irgendwo sein...? Eine alte Frau sprach uns an und führte uns einfach persönlich zum Hostel. Dann verabschiedete sie sich und lief in die entgegengesetzte Richtung. So lieb!

Nachdem wir uns die Markthalle angesehen hatten, schlenderten wir zum Opernhaus, um uns eine von Mama empfohlene Show anzusehen. Wir waren schon recht früh da und bekamen sogar ein Sitzplatz-Upgrade von der dritten in die zweite Klasse. Eine Stunde vor der Vorstellung fand eine kleine kostenlose Führung durch das Gebäude statt und wir erhielten schon einen Blick auf die Bühne.

Die Show war fantastisch und wir hatten beinahe die ganze Zeit lang Gänsehaut. Wenn ihr also irgendwann einmal in der Gegend sein solltet... ;)
Saigon Opera House
Auf unserem Heimweg hatte es angefangen zu regnen und wir verloren die Orientierung. Ein Finne half uns weiter und führte uns zur großen Markthalle, die wir am Nachmittag gesehen hatten. Nicht lange nachdem er sich verabschiedet hatte, waren wir abermals verloren. Diesmal baten wir in einem Laden um Hilfe: ein Mädchen und ihre Oma wiesen uns daraufhin an, ihnen zu folgen. Das wäre kein Problem gewesen, wenn sie dabei nicht auf einem Moped gesessen hätten. 
Das Mädchen drückte kräftig aufs Gas und wir rannten wie die Wiesel in Flip Flops hinterher, bis wir nur noch den flatternden Poncho der Oma aus weiter Ferne sahen. Irgendwann überquerten wir im Sprint eine Straße. Und befanden uns plötzlich am Hostel. Davor hielten unsere Helferinnen.
"Here?"
Japsend nickten wir. Geschafft.



Es war der letzte Tag in Vietnam und wir besichtigen die Tunnel von Cu Chi. Diese waren das Versteck der Vietcong im Vietnamkrieg von 1960 bis 1975. 
Tour-Guide und "touristischer" Tunneleingang
Authentischer Tunnelein- und ausgang (ja, da haben wir alle durchgepasst)
Tunnelgang - war im original um einiges schmaler
 und wurde für die Touristen erweitert
Nachgestellter Konferenzraum unter der Erde
Anschließend ließen wir uns zum War Museum in der Innenstadt bringen, welches uns auf erschütternde Weise und mit grausamen Bildern über den Vietnamkrieg aufklärte. 
Auf dem Rückweg ereilten uns natürlich wieder Orientierungsschwierigkeiten, aber ein alter Vietnamese begleitete uns so lange, bis wir wieder wussten wo wir waren. Ein netter Mann!

Am nächsten Morgen sollte es mit dem Flugzeug nach Singapur gehen. Mehr dazu im nächsten Post (kommt schneller als dieser, versprochen 😋).

Fazit aus Vietnam:
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, bezieht sich die Überschrift dieses Eintrags nicht auf die Länge des Textes, sondern auf die Erlebnisdichte dieser zwei Wochen. Natürlich sind die visumbedingten 14 Tage in Vietnam vielvielviel zu kurz, aber ich würde sagen, dass wir trotzdem eine Menge erlebt haben. 
Im Prinzip war es aber wortwörtlich ungünstig im Zeitraum des vietnamesischen Jahreswechsel zu reisen. Viele Geschäfte hatten geschlossen, Tickets oder Übernachtungsmöglichkeiten waren häufig ausgebucht und/oder hoffnungslos überteuert. Trotzdem war das Tet-Fest an sich ein wunderschönes, authentisches Erlebnis, dass ich für kein Geld der Welt eintauschen würde (wie der Asiate sagen würde: Money is just paper). 
Die Vietnamesen sind verglichen mit Thailändern oder Kambodschanern laut und wirken manchmal ganz schön ruppig. Trotzdem habe ich sie mit ihrer Hilfsbereitschaft absolut ins Herz geschlossen!!
Ich bin mir sicher, dass ich eines Tages hier her zurückkehre und mir auch noch den Norden des Landes anschaue. Bis dahin, Vietnam!



Update zu unserer Reiseroute: Ursprünglich wollten wir die letzten Monate unserer Reise in Mexiko, Guatemala und Belize verbringen. Leider sind die Flugpreise aber unbezahlbar für uns und wir haben entschieden in Asien zu bleiben. Lasst euch überraschen, wo es nach unseren zwei Monaten Indonesien hin verschlägt 😉

Liebe Grüße und Danke für eure Geduld
Ellie

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